Friede auf Erden?

Die Zahl der bewaffneten Konflikte blieb in den letzten Jahren konstant

Als sich die durch den Zusammenbruch des Ostblocks manifest gewordenen ethnischen Auseinandersetzungen in den 1990ern langsam wieder beruhigten, beobachteten Friedensforscher einige Jahre lang eine Abnahme von Konflikten. Seit 2002, ein Jahr nach dem Beginn des amerikanischen „War on Terror“, stagniert die Zahl bei etwa 30.

Quelle: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/26/26938/1.html

Zu diesem Schluss kommen die Konfliktforscher des Uppsala Conflict Data Program an der Universität von Uppsala in ihrem jetzt veröffentlichten Jahresbericht „States in Armed Conflic“http://www.pcr.uu.se/research/UCDP/States_in_Armed_Conflict_Annual_Data_Eriksson.htm. Allerdings kommt es bei solchen Statistiken sehr darauf an, welche bewaffneten Auseinandersetzungen man gelten lässt. Unter Hinzurechnung der „bewaffneten Konflikte“ kommt beispielsweise die Arbeitsgemeinschaft Kriegsursachenforschung (AKUF) für die Jahre 2005/2006 auf 42. Doch auch in dieser Auflistung sind Gewalttaten von nach ethnischen Kriterien organisierten Gruppen wie der Yoruba-Armee „Oodua Peoples Congress“ (OPC) überwiegend nicht erfasst.

Peter Wallensteen, Joakim Kreutz und Lotta Harbom führen die von ihnen festgestellte Stagnation unter anderem auf ein Nachlassen der internationalen Friedensbemühungen zurück. Dieses Nachlassen resultiert ihrer Ansicht nach auch daraus, dass viele der bestehenden Konflikte nur sehr schwer lösbar scheinen. Der Konflikt zwischen Israel und den Arabern etwa schwelt seit fast 60 Jahren. Die Konferenz in Annapolis Ende November 2007 war der erste Versuch seit 2001, die konfligierenden Parteien wieder an einen Tisch zu bringen. Wenig verwunderlich ist der Ratschlag der drei Schweden, dass die „Friedensstrategien“ aus den 1990ern, die teilweise erst die Grundlage für neue Konflikte legten, „verbessert“ werden müssten.

Erfolgreiche Friedensverhandlungen führten unter anderem in der indonesischen Provinz Aceh (2005) und in Nepal (2006) zur weitgehenden Beendigung bewaffneter Konflikte. Weniger erfolgreich, aber immer noch verhältnismäßig vielversprechend, werten die Wissenschaftler die Friedensbemühungen in den westafrikanischen Staaten Sierra Leone, Liberia und der Elfenbeinküste. Und richtig pessimistisch werden sie bei den Konflikten im Nahen Osten, wo sie unter anderem aufgrund der Verbindungen zur Weltölversorgung und der Rolle der Religion ernste Hindernisse vorliegen sehen.

Ohne Erfolg blieben Friedensinitiativen beim Krieg in Darfur, der sich mittlerweile auf den Tschad und die Zentralafrikanische Republik ausbreitete. Auch am Horn von Afrika tobt ein Regionalkrieg, der durch seine Bedeutung für den War on Terror eine internationale Dimension und wenig Aussichten auf Beendigung hat.

Die Kriege in Afghanistan und Irak hatten ebenfalls das Potential, ihre Nachbarstaaten zu destabilisieren: Der Krieg der Taliban gegen die ausländischen Truppen in Afghanistan hatte unter anderem Auswirkungen auf die westlichen Regionen Pakistans und die autonome Region der Uighuren in China; die Türkei und der Iran kämpfen mit Rebellenarmeen, die das irakische Kurdengebiet als Rückzugsraum nutzen.

Viele der Kriege finden kaum Beachtung: Unter anderem der Kampf gegen malaiische Separatisten im Süden Thailands, die zahlreichen Guerillakriege im benachbarten Myanmar (das 2007 mit Demonstrationen wesentlich mehr Aufmerksamkeit erregte) oder die vor den Wahlen nun nicht nur in den Städten, sondern auch auf dem Land aufgebrochenen ethnischen Konflikte in Kenia. Weitgehend von der Weltöffentlichkeit ignoriert wurde auch, dass 2007 im Niger eine Nomadengruppe namens „Mouvement des Nigériens pour la Justice“ (MNJ) mit militärischen Mitteln einen Anteil aus dem Uranabbau einforderte. Bereits in der ersten Hälfte der 1990er hatte Mano Dayak einen Tuareg-Aufstand gegen die Regierungen von Mali und Niger angeführt.

Siedlungsgebiet der Tuareg

Andere Konflikte erhielten zwar kurzzeitig mediale Aufmerksamkeit, gerieten aber mit zunehmender Dauer in Vergessenheit: Im Osten des Kongo etwa kehrte nach den von einem Bundeswehreinsatz geschützten Wahlen keineswegs der Frieden ein. Der Konflikt brutalisierte sich im Gegenteil. Mittlerweile dringen aus den Kriegsgebieten sogar Berichte von Anthrophophagie nach außen. Ebenfalls wieder an Schärfe zu nahmen auch die Auseinandersetzungen zwischen der Guerrillaarmee „Liberation Tigers of Tamil Eelam“ (LTTE) und der Regierung von Sri Lanka.

Verhältnismäßig ruhig war es dagegen in den ebenfalls bereits lange Zeit andauernden Konflikten im indischen Teil Kaschmirs und auf der zu 32 % von Moslems besiedelten philippinischen Insel Mindanao, wo die Terrorgruppe Abu Sayyaf auf eine Abspaltung hinarbeitet.

Neben dieser Vielzahl an religiös und ethnisch dominierten Konflikten führt der klassische politische Kampf nur mehr ein jämmerliches Schattendasein. Lediglich in Kolumbien werden der FARC teilweise noch politische Motive unterstellt, aber auch hier spielen konkurrierende Interessen im lukrativen Kokaingeschäft möglicherweise die bedeutendere Rolle.

 

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